Synthesis und Systembegriff in der Philosophie

Der Band enthält zwei Schriften des Philosophen Felix Noeggerath (1885-1960): Die Abhandlung Synthesis und Systembegriff in der Philosophie. Ein Beitrag zur Kritik des Antirationalismus, textkritisch ediert. - Kants Erkenntniskritik wird auf Basis mathematisch-logischer Positionen v.a. der Marburger Schule originell ausgelegt: Rationalismus ist die Konfrontation zwischen Denken und inkommensurabel-atheoretischem Sein. Den Aufsatz Über das Unzeitgemässe der abstrakten Kunst -, eine provokante Deutung und Kritik moderner Ästhetik. Hartwig Wiedebach stellt Noeggerath vor und analysiert sein Programm. Peter Fenves entfaltet detailliert seinen Einfluß auf Walter Benjamin. Es ist der längst fällige Einblick in die Bedeutung dieses von Benjamin schlicht "das Universalgenie" genannten Denkers.

About the Author :
Felix Noeggerath, ab 1904 Studium der Philosophie, Indologie, Vergleichenden Sprachwissenschaft und Mathematik u.a. in München, Marburg, Bonn. Promotionsprüfung 1916 in Erlangen (Dr. phil. 1918). Mitglied der Kant-Gesellschaft, Verlagsinhaber, Kinderbuchautor, wissenschaftlicher Übersetzer. Zahlreiche wissenschaftliche Entwürfe und Gedichte, jedoch überwiegend vernichtet bzw. unpubliziert. Hartwig Wiedebach, Dr. phil. in Zürich, Habilitation in Kassel, lehrte bis 2019 an der ETH Zürich, leitete das Hermann Cohen-Archiv und ist Mitherausgeber der Werke Cohens. Bücher u.a.: The National Element in Hermann Cohen's Philosophy and Religion (2012); Pathische Urteilskraft (2014). Peter Fenves, PhD der Johns Hopkins University, ist Joan and Sarepta Harrison Professor of Literature an der Northwestern University und Autor zahlreicher Werke, u.a. Der späte Kant: für ein anderes Gesetz der Erde (2003) und The Messianic Reduction: Walter Benjamin and the Shape of Time (2011).

Review :
Die erstmalige kommentierte Herausgabe von Felix Noeggeraths Werk bietet den längst fälligen Einblick in die ideengeschichtliche Bedeutung dieses von Walter Benjamin schlicht "das Universalgenie" genannten Philosophen und freien Denkers. Die exzellente Einleitung von Hartwig Wiedebach und das ebenso innovative wie erhellende Nachwort von Peter Fenves zeigen exemplarisch die neuen Perspektiven, die sich mit Noeggerath sowohl für die Rezeption der neukantianischen Philosophie in den 1910-er Jahren als auch für das Denken von Walter Benjamin über Synthesis und System, Diathetis und Quantentheorie, bis hin zu Kafka erschließen. Es braucht keinen weiteren Beweis des großen Potentials dieser Schriften für die Forschung. Astrid Deuber-Mankowsky Associated Member, ICI-Berlin Man kann nur begrüßen, dass endlich diese philosophisch durchaus faszinierende und anspruchsvolle Untersuchungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Originell und äußerst radikal interpretiert Felix Noeggerath Themen aus der kantischen Tradition vor allem Marburger Prägung neu. Sein Rationalismus wagt es, das Denken mit der Inkommensurabilität des atheoretischen Seins zu konfrontieren. Die Aufgabe einer philosophischen Ethik sieht er darin, die tragische Verknüpfung des Menschen mit den Zufällen der Umwelt herauszuarbeiten, ohne das Zentrum in ein außermenschlich Absolutes zu verlegen. Pierfrancesco Fiorato Professor of Moral Philosophy, Università di Parma Felix Noeggerath ist heute weitgehend vergessen - trotz seiner intellektuellen Brillanz und vielfältigen Kontakte in die seinerzeitige philosophische Welt. Er war beachteter Höher in der Marburger Schule, bei Hermann Cohen, Paul Natorp und Nicolai Hartmann und hatte persönlichen Kontakt zu Walter Benjamin und Helmuth Plessner. Es ist das große Verdienst des vorliegenden Bandes, Noeggeraths bisher ungedruckte Dissertation Synthesis und Systembegriff in der Philosophie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Untersuchung fasst einen zentralen Begriff Immanuel Kants neu und ist streckenweise eine kritische Rekonstruktion der Philosophie Cohens. Und noch mehr: Sie ist der Versuch, eine eigenständige Philosophie zu entwickeln und demonstriert eine eindrucksvolle Produktivität. Der Band entspricht höchstem editorischem Standard und arbeitet weiterer philosophiehistorischer Forschung im besten Sinne vor. Geert Edel Autor von Von der Vernunftkritik zur Erkenntnislogik: Die Entwicklung der theoretischen Philosophie Hermann Cohens